Lena

Braaien, anfeuern und lauthals singen

Freizeit in Südafrika

Wie erlebt ein Südafrikaner seinen Alltag? Austauschschülerin Lena wollte es wissen!
YFU Austria:

Lena, du hast als Austauschschülerin ein Austauschjahr in Südafrika verbracht. Wie hast du dort deine Freizeit verbracht? Mit wem?

Lena:

Das allerwichtigste in Südafrika ist die Familie. Die steht an allererster Stelle. Man verbringt so viel Zeit wie möglich mit allen Familienmitgliedern, sei es mit den Geschwistern, Cousins oder Tanten. Ich habe den größten Teil meiner Freizeit ganz klar mit meiner Gastschwester verbracht! Wir kochten gemeinsam, gingen zum nächstgelegenen Süßigkeitenladen, trafen Freunde oder erzählten uns alle möglichen Geschichten von unserem Tag.

Glücklicherweise hatte ich auch in meiner Nachbarschaft einige sehr gute Freunde, mit denen ich mich problemlos nach der Schule treffen und Zeit verbringen konnte. Während der Woche fiel es mir allerdings nicht so leicht, mich mit Schulfreunden zu treffen, da ich relativ weit von der Schule entfernt wohnte und es praktisch keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt. Die Wochenenden verbrachte ich jedoch manchmal bei ihnen, was immer unglaublich cool war!

Während der Woche ging ich auch oft in die Mall (Einkaufszentrum) um ein bisschen zu bummeln oder ich spielte mit den Tageskindern meiner Gastmama. Das waren immer 2-7 Kinder die zwischen 1 und 11 Jahre alt waren. Wir spielten alle möglichen Spiele, zum Beispiel Lehrer oder Verstecken und im Sommer haben wir sogar ein kleines Planschbecken gekauft und dort mit unseren Tageskindern geplanscht und wilde "Stunts" durchgeführt.

Einen weiteren Teil meiner Freizeit verbrachte ich mit meiner Gitarre, die ich Gott sei Dank von meiner Gastmama leihen durfte. Im Laufe des Jahres habe ich mir mit meiner Gastschwester eine eigene Liedermappe angelegt und wir sangen oft lauthals und sehr falsch stundenlang unsere Lieder.

Eine typische Mahlzeit mit meiner ganzen Familie.
YFU Austria:

Wie viel Zeit hattest du in Südafrika für Hobbys? Wie anders war das im Vergleich zu deinem Leben hier in Österreich?

Lena:

Da ich kein fixes Hobby ausübte, hatte ich fast immer Zeit für alles, was ich machen wollte. Um 15:00 Uhr war ich von der Schule zurück und danach gab es eigentlich keine Verpflichtungen mehr und ich konnte tun, wozu ich gerade Lust hatte! Spazieren, Freunde treffen, mit den Tageskindern spielen, in der Mall bummeln, singen...

Eine Sache, die die Freizeit und Freiheit bei mir eingeschränkt hat, war die eingeschränkte Bewegungsfreiheit nach Sonnenuntergang. Es war für mich Gesetz, dass ich nach Sonnenuntergang nicht allein draußen sein durfte. Mir war das verboten worden, aber nicht, weil mir meine Gastmutter das nicht gönnte, sondern einfach, weil sie sehr um mich besorgt war. Man gewöhnte sich aber ganz schnell daran und findet recht lustige Dinge, die man abends zu Hause machen kann.

YFU Austria:

Was sind typische Hobbys in Südafrika? Hast du sie auch selbst ausprobiert?

Lena:

An erster Stelle steht ganz klar der Sport! Die Wenigsten gehen nach der Schule direkt nach Hause. Viel mehr werden in der Kraftkammer alle möglichen Muskeln trainiert (so lange bis man keine trainierbaren Muskeln mehr findet), am Hockeyfeld wird trainiert oder einfach nur angefeuert. Ich habe mich fürs Schwimmteam gemeldet und da Schwimmen nicht so unglaublich wichtig ist, lief es bei uns viel lockerer ab! Trainiert habe ich nur mit einer Freundin und nach dem ersten Quartal war die Schwimmsaison auch vorbei. Dann hab ich mich wieder aufs Anfeuern spezialisiert. (:

Eine wichtige Sache abseits des Sports sind die Malls, die Einkaufszentren, mit ihren Restaurants und Kinos, wo man sich gemütlich treffen kann. Da es ja in Südafrika auf der offenen Straße nicht so sicher ist, wird das Leben in die Malls verlegt, die immer gut von Security-Guards bewacht werden. Aber ganz allgemein leben Südafrikaner meistens einfach so in ihren Tag hinein und wenn man einen ganzen Tag mehr oder weniger nur Zuhause sitzt ist das trotzdem herrlich!

YFU Austria:

Kannst du uns von einer Freizeitmöglichkeit erzählen, die etwas ganz Besonderes für dich war oder die du bisher gar nicht kanntest?

Lena:

Die Südafrikaner, die keinen Sport betreiben (und das sind immerhin fast alle über 20), lieben es Sport im Fernsehen zu schauen! Jeden Samstag gegen 17:00 Uhr wird alles stehen und liegen gelassen, der Fernseher aufgedreht und mit den Teams mitgefiebert.

Doch das liebste Hobby im Zusammenhang mit Rugby ist BRAAI! Am ehesten ist dies mit einer Grillerei vergleichbar, wobei mir Grillerei als Übersetzung für ein Braai maßlos untertrieben scheint! Das Grillen wird in Südafrika fast schon wie eine eigene Sportart zelebriert! Gegrillt wird alles, was man so findet: von normalem Rindersteak, über Lamm und Schwein bis hin zu Babyschildkröten. Von den gegrillten Schweinen wird dann nach so harter "Braai-Arbeit" auch nichts verschwendet und oft werden Ohren, Innereien oder Augen einfach mitgegessen.
Braaien funktioniert auch ganz ohne Rugby-Match: Im ganzen Land, auf Autobahnraststätten, in den Nationalparks oder in botanischen Gärten gibt es gratis Grillstellen in Hülle und Fülle und es passierte nicht selten, dass meine Familie Kohle, Fleisch, Teller, Besteck und Beilagen einpackte und dann irgendwo zu grillen anfing! Diese Braai-Parties sind einzigartig und durch keine Grillerei der Welt zu ersetzen!! (:

YFU Austria:

Viele Austauschschüler*innen lernen in ihrem Austausch ein ganz neues Hobbys lieben. Wie war das bei dir?

Lena:

Das ist für mich sehr schwierig zu beantworten, denn ich habe einfach den Lifestyle der Südafrikaner lieben gelernt. Das daheim sitzen, das zur Tankstelle gehen, das braaien, die Malls, die offenen Menschen, das "In den Tag hineinleben", das afrikanische Zeitgefühl, Rugby, Fußball, Spaziergänge, Kirchengänge, das alles ist für mich zu einem riesigen Hobby geworden!