Hannah

Es hat perfekt gepasst

Als Austauschschülerin in Chile

Viele Jugendliche träumen von einem Schüleraustausch in Lateinamerika. Hannah hat es erlebt und ein ganzes Jahr in Chile verbracht.
YFU Austria:

Hannah, welche Erinnerung kommt dir als erste in den Sinn, wenn du an deine Gastfamilie denkst?

Hannah:

Dass es einfach perfekt gepasst hat! Ich bin so froh, dass ich das Glück hatte, bei ihnen mein Austauschjahr zu verbringen.

Gruppenfoto bei einer YFU-Reise nach Puerto Montt mit Austauschschülern aus der ganzen Welt.
YFU Austria:

Verrate uns mehr über deine Gastfamilie! Wie können wir uns deine Gastfamilie vorstellen?

Hannah:

Meine Gastmutter war meiner Mama aus Österreich sehr ähnlich, was ich und meine Gastschwester sehr amüsant fanden und jedes mal aufs Neue bemerkten. Sie hat in einer Bank gearbeitet und war täglich von 8 bis 20 Uhr dort. Danach war sie war oft ziemlich gestresst. Meine Gastschwester und ich haben oft versucht sie nach der Arbeit etwas abzulenken, damit sie etwas entspannt.
Wir wohnten 5 Minuten zu Fuß von der Schule entfernt. Das war wirklich sehr praktisch! Auch zum Zenrtrum habe ich nur 15 Minuten zu Fuß gebraucht. Aus diesem Grund hatten wir gar kein Auto. Unser Haus war relativ groß und schön und ich hatte auch mein eigenes Zimmer.

YFU Austria:

Welche Aktivitäten des Alltags hast du gemeinsam mit deiner Gastfamilie unternommen? Kannst du uns davon erzählen?

Hannah:

Meine Gastmutter hat leider sehr viel gearbeitet, da sie Alleinerziehend mit drei Kindern war und in Chile die Bildung leider nicht gratis ist. Trotzdem waren wir am Wochenende manchmal zusammen etwas essen oder haben gemeinsam Zeit zu Hause verbracht . Ich habe sie auch zum Einkaufen begleitet oder wir sind einfach im Wohnzimmer gesessen und haben geredet.
Da meine Gastschwester eher faul war, waren wir zu Hause, haben gekocht, geredet und ganz viele Filme geschaut. Das hat mich aber gar nicht gestört, denn es war einfach lustig, Zeit mit ihr zu verbringen.
Manchmal konnte ich sie überreden, dass sie mit mir Rad fährt oder ins Zentrum spazieren geht. Am Wochenende waren wir meistens zusammen auf Partys oder haben zuhause welche veranstaltet.

YFU Austria:

Was kommt dir als erstes in den Sinn, wenn du an deine Gastmutter denkst? Welche Unterschiede hast du im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern in Chile kennengelernt, wenn du es mit Österreich vergleichst?

Hannah:

Meine Gastmutter war zum Glück nicht so streng und konservativ. Wir hatten viel Freiraum und wenn wir ihr Bescheid gaben, durften wir so gut wie alles machen. Das war gut, denn so ist das bei mir in Österreich auch. Wenn ich im Gastland sehr viele Einschränkungen gehabt hätte, hätte ich nie so vieles kennen lernen können, wie ich es letztlich getan habe und auch nie so viel mit meinen Freunden unternehmen können.

YFU Austria:

Erzähle uns doch davon, wie du das Zusammenleben mit deinen Geschwistern erlebt hast!

Hannah:

Da ich ein sehr aktiver Mensch bin, musste ich mich anfangs an die Faulheit meiner Gastschwester gewöhnen, aber auch an die generelle Faulheit der Leute aus Punta Arenas. In Chile gibt es sogar viele verschiedene Ausdrücke für diese Faulheit - sehr interessant! Man kann sie gar nicht ins Deutsche übersetzen! :-)
In der Schule hatten wir unterschiedliche Freundeskreise und darum sind wir auch nicht immer zusammengeklebt, das war eigentlich sehr gut. Wir haben uns immer gemeinsam das Mittagessen gekocht, das war manchmal echtes Chaos.
Sie hat mich bei vielen wichtigen Sachen begleitet und dafür bin ich ihr wirklich dankbar! Sie stand mir immer mit Rat und Tat zur Seite, nur zum Sport machen konnte ich sie leider nicht immer motivieren...

YFU Austria:

War es für dich schwer, dich in der Familie zu integrieren? Was hast du getan, um das Vertrauen und Zuneigung deiner Familie zu erhalten?

Hannah:

In unserem Haus lebten nur mehr meine Gastmutter und meine Schwester, denn die anderen Geschwister lebten im Norden um zum Beispiel zu studieren.
Beide sind eher verschlossen und waren jedoch sehr aufgeregt, als ich endlich ankam. Wir haben viel geredet um uns kennen zu lernen, aber die erste richtige Umarmung habe ich erst nach ein paar Monaten bekommen.
Generell konnte ich mich schnell in meine Familien einleben und es schaffen, dass sie mich gern haben. Ich weiß darum gar nicht mehr, was ich speziell gemacht habe, um ihr Vertrauen zu gewinnen. Ich habe einfach immer mitgemacht und generell viel erledigt, worum sie mich gebeten haben.

YFU Austria:

Was ist die schönste Erinnerung, die du an das Leben mit deiner Gastfamilie hast?

Hannah:

Einfach die Tage, an denen ich stundenlang im Zimmer meiner Gastschwester saß und wir einfach nur geredet und gelacht haben. Wir konnten uns alles erzählen und hatten tausende Insider, die nur wir beide verstanden und darum umso mehr lachen mussten. Auch die Urlaube waren wirklich schön: Wir haben viel Neues kennen gelernt und hatten einfach immer nur Spaß. Alle haben uns gefragt ob wir eigentlich nie streiten, aber nein, das haben wir zum Glück nie getan.

YFU Austria:

Jedes Land und jede Familie haben ihre eigene Traditionen. An welche Tradition oder an welches Fest kannst du dich ganz besonders erinnern und warum?

Hannah:

Der Nationalfeiertag wird in Chile ganz groß gefeiert. Eine Woche schulfrei und am 18. September wird alles in den Nationalfarben (weiß, rot, blau) geschmückt und es gibt einen riesen Kirmes in jeder Schule. Man sitzt mit der Familie zusammen, grillt mit Freunden und am Abend wird natürlich gefeiert.
Es gibt auch viele verschiedene Tage wie der Tag des Lehrers, des Polizisten oder des "Piscos" (Anm.: Art Brandy), die immer speziell gefeiert werden. An meinen Geburtstag haben sie sehr süß mit mir gefeiert, mir eine riesen Torte gekauft und das ganze Haus geschmückt. Das war wirklich süß, vor allem weil sie wussten, dass ich Geburtstage so gerne hab!

YFU Austria:

Welche Gefühe hattest du, deine Gastfamilie zu verlassen und zurück zu kehren nach Österreich?

Hannah:

Ich habe mich wirklich schon sehr auf Österreich gefreut, aber ich hätte am liebsten meine beste Freundin und meine Gastschwester mitgenommen nach Österreich!
Die letzten Wochen habe ich sehr viel Zeit mit all meinen Freunden verbracht, alle wichtigen Orte noch einmal besucht und für alle Geschenke vorbereitet. Das war wirklich sehr anstrengend und ich habe fast gar nichts mehr geschlafen, frei nach dem Motto "schlafen kann ich auch, wenn ich wieder in Österreich bin".
Meine Gastschwester und ich haben sehr oft über das Thema geredet und keiner von uns beiden wusste, wie sie es ohne der anderen schaffen sollte - das war wirklich sehr traurig!
Meine ganze Schule hat mir ein Video vorbereitet, auf dem jeder ein paar Worte sagte und auch meine engsten Freunde haben noch ein extra lustiges Video für mich gemacht. Diese schaue ich mir heute noch sehr gerne an.
Zum Flughafen haben mich viele Freunde begleitet und es hat mich sehr gefreut, dass sie Geld dafür auftreiben konnten. Alles war super und in einem Moment haben auf einmal alle angefangen zu weinen. Ich glaube, wir haben wirklich eine Stunde durchgeweint. Meine Gastschwester weint nicht gerne in der Öffentlichkeit, daher hat sie diesen traurigen Moment einfach durch blödeln überspielt. Aber ich kenne sie sehr gut und sie hat mir auch einfach nur gesagt "Hannah, du weißt schon...". Im Flugzeug war dann nur noch die Spannung wegen meiner Rückkehr da und gaaaaaaaanz viel Müdigkeit und Erschöpfung.
Als ich ankam, habe ich am ganzen Körper gezittert vor Aufregung, meine ganze Familie wieder zu sehen. Ich konnte jedoch gar kein Deutsch mehr - das hat mich echt überrascht. Als ich endlich zuhause ankam, habe ich bestimmt über 20 Stunden durchgeschlafen. Mit Chile stehe ich sind immer noch in ständigen Kontakt, sowohl mit meiner Gastschwester als auch mit meiner besten Freundin und wir planen schon meine Rückkehr....!

YFU Austria:

Viele Austauschschüler*innen sagen, dass sie die Erlebnisse bei der Rückkehr in ihr Heimatland wie ein zweites Austauschjahr erlebt haben. Sie sagen, dass sie sich an viele Dinge wieder neu gewöhnen mussten und neu hinzu- sowie liebgewonnene Verhaltensweisen wieder ablegen mussten. Was fällt dir zu diesem Thema ein?

Hannah:

Natürlich ist es komisch wieder zurück in Österreich zu sein, aber mir fiel es gar nicht schwer wieder anzukommen. Nur mit der Sprache hatte ich einige Probleme: Ich habe noch zwei Wochen auf Spanisch gedacht und geträumt. Das war wirklich seltsam! Es hat mich aber auch gefreut, denn so habe ich wenigstens gemerkt, dass ich die Sprache wirklich behersche. Alle meine Freunde haben mir gesagt, dass das Jahr so schnell vergangen ist und dass es ihnen vorkommt als wäre ich nie weggewesen.

Natürlich habe ich mich ein paar Tage hingesetzt um den Leuten alles Wichtige zu erzählen, aber dann ging das normale Leben schon wieder weiter. Die Verhaltensweisen, die ich mir angewöhnt habe, habe ich zum Teil immer noch und ich will sie auch nicht verändern. Meinen Freunden habe ich ein paar spanische Wörter beigebracht, die man einfach nicht übersetzen kann und die verwenden wir alle immer noch.

YFU Austria:

Du hast jetzt dein Austauschjahr mit seinen Herausforderungen, Erfahrungen und persönlichen Veränderungen hinter dir. Welche Ratschläge kannst du zukünftigen Austauschschüler*innen mit auf den Weg geben, damit sie schnell in den Alltag und das Familienleben ihrer neuen Familie hineinfinden und sich deren Vertrauen und Zuneigung erwerben?

Hannah:

Einfach die Sachen ausprobieren und bei allem dabei sein! Das ist sowohl lustig, als auch eine Chance, ein wirklicher Teil des Gastlandes zu werden und so viel wie möglich über das Gastland zu lernen. Egal ob du ein paar schlechte Erfahrungen machst, lerne daraus und vergiss nicht: Jeder macht Fehler!
Sei aktiv dabei und verkriech dich nicht in deinem Zimmer und Hey - Weg vom Computer! Das is nun echt unnötig. Sowohl in deinem normalen Leben, aber ganz besonders in einem Austauschjahr. Ein Jahr ist wirklich verdammt kurz, also mach was draus!