5 Frauen in einem Haus
Leben auf Französisch
Was kommt dir als erstes in den Sinn, wenn du an deine Gasteltern denkst?
Sie sind voll lieb gewesen, von Anfang an, und hatten für alle meine sprachlichen und kulturellen Unfähigkeiten größtes Verständnis! :)
Verrate uns mehr über deine Gastfamilie! Wie können wir uns deine Familie vorstellen?
Meine Gastmutter heißt Annie, ist Ärztin und ihre Praxis war gleich im Keller des Hauses in dem wir gewohnt haben. Mein Gastvater war irgendetwas wichtiges beim belgischen Militär, aber er ist schon lange in Pension. Ich hatte vier erwachsene Gastschwestern die noch zuhause wohnen (5 Mädchen in einem Haus - das Bad war praktisch niemals frei ;-) ) und einen Gastbruder, der verheiratet ist, mittlerweile sein erstes Kind bekommen hat und nicht mehr zuhause wohnt. Wir hatten außerdem einen großen Hund namens Kiera.
Wie sah dein Alltag mit deiner Gastfamilie aus? Was habt ihr gemeinsam unternommen?
Gefrühstückt habe ich meistens nur mit meinen Gasteltern, weil meine Schwestern erst später aufstehen mussten. Abendgegessen haben dann alle, die zuhause waren, gemeinsam - und wir haben Milch getrunken, was für mich neu war.
Jeden Samstag waren wir zusammen Großeinkauf machen und am Wochenende oft im Wochenend-Land-Haus meiner Gastfamilie, wo auch mein Gast-Uropa gewohnt hat. An ein paar Wochenenden haben wir andere Städte angeschaut, waren am Meer oder einfach in Brüssel spazieren.
Welche Erinnerung kommt dir als erste in den Sinn, wenn du an deine Gastfamilie denkst?
Die Abendessen mit meiner Gastfamilie, Salami teilen mit meinem Gastvater und Milch trinken. Und die Tatsache, dass ich in meiner Gastfamilie die ungefähr 23. meiner Art, der Spezies Austauschschüler, war.
Wie hast du das Zusammenleben mit deinen Geschwistern erlebt?
Ich hatte, wie gesagt, vier Schwestern und einen Bruder. Den habe ich jedoch kaum mehr als drei mal gesehen. Viele Mädchen bedeutet natürlich ein bisschen Zickenkrieg, aber alles in allem erstaunlich war es ein gelungenes Zusammenleben!
Ist es dir schwergefallen dich in die Familie zu integrieren? Was hast du getan, um das Vertrauen und die Zuneigung deiner Familie zu gewinnen?
Meine Gastfamilie sollte ursprünglich nur meine Willkommensfamilie sein, da man dachte, dass ich mich in einer Familie mit Geschwistern meines Alters wohler fühlen würde. Als ich den Mut gefasst hatte, ihnen in meinem gebrochenen Französisch mitzuteilen, dass ich bleiben möchte, weil ich mich schon an sie gewöhnt hatte - da war die Integration dann nicht mehr schwierig.
Wie hast du anfangs mit deiner Familie kommuniziert? Gab es Missverständnisse oder Verständigungsschwierigkeiten?
Am Anfang wurde oft versucht, englische Wörter in die Kommunikation mit mir einzuwerfen - die hab ich aber mit dem französischen Akzent noch schlechter verstanden als Französisch. Zum Glück konnten meine Gasteltern beide holländisch, das dem Deutschen ja sehr ähnlich ist. Irgendwann hat meine Gastmutter das Deutsch-Wörterbuch, das noch aus ihrer Schulzeit stammte, ausgegraben und es fand bis zum Ende seinen Platz auf der Wohnzimmertheke. So haben wir den größten Teil der Verständigungsschwierigkeiten gelöst.
Was ist die schönste Erinnerung, die mit deiner Gastfamilie hast?
Ostern! :)
Jedes Land und jede Familie haben ihre eigenen Traditionen. An welche Tradition oder an welches Fest kannst du dich ganz besonders erinnern und warum?
Ostern - weil meine Gastfamilie einfach riesig ist: Meine Gastmutter hatte 9 Brüder und Schwestern, die alle jeweils Kinder und manche sogar schon Enkelkinder hatten. Jeder, der kommen konnte, kam und ich, so kreativ wie ich manchmal bin, hatte schon zwei Wochen vorher begonnen, Osternester für die Kleinen zu basteln, die wir dann alle im Garten versteckten.
Welche Gefühle hattest du, deine Gastfamilie zu verlassen und nach Österreich zurückzukehren?
Ich habe geweint - sowohl bei der Abfahrt aus Belgien, als auch bei der Ankunft in Wien - sowohl aus Freude, als auch aus Traurigkeit.
Viele Austauschschüler*innen sagen, dass sie die Erlebnisse bei der Rückkehr in ihr Heimatland wie ein zweites Austauschjahr erlebt haben. Sie sagen, dass sie sich an viele Dinge wieder neu gewöhnen mussten und neu hinzu- sowie liebgewonnene Verhaltensweisen wieder ablegen mussten. Wie war das bei dir?
Für mich war es vor allem eigenartig, mich wieder an die deutsche Sprache zu gewöhnen. Die ersten drei Wochen hatte ich Muskelkater in der Kiefermuskulatur und die französischen Flüche sind mir bis heute geblieben...
Du hast jetzt dein Austauschjahr mit seinen Herausforderungen, Erfahrungen und persönlichen Veränderungen hinter dir. Welche Ratschläge kannst du zukünftigen Austauschschüler*innen mit auf den Weg geben, damit sie schnell in den Alltag und das Familienleben ihrer neuen Familie hineinfinden und sich deren Vertrauen und Zuneigung erwerben?
Fragen, fragen, fragen - alles fragen, was man nicht versteht, auf Leute zugehen und mit ihnen reden - auch wenn man manchmal angesehen wird, wie ein fremdes Tier. Was hat man zu verlieren, wenn man versucht, mit möglichst vielen Menschen möglichst viel sozialen Kontakt zu haben?