Christina

Schule in Chile macht Spaß!

Unterricht mal ganz anders

Blödsinn im Unterricht, Schuluniform und viel Freundlichkeit - Alltag in Chile!
YFU Austria:

Welche Erinnerung kommt dir als erstes in den Sinn, wenn du an deinen ersten Schultag in deinem Gastland zurückdenkst?

Christina:

Ich war die erste Austauschschülerin an meiner Schule und vor allem die einzige nicht-Dunkelhaarige, was für Chilenen etwas ganz tolles und wundersames ist. Damit bin ich natürlich voll aufgefallen! Für sie war ich so eine Attraktion, dass viele sogar Wetten abgeschlossen hatten, wer sich traut mich zu begrüßen. Nur verläuft eine Begrüßung in Chile etwas anders als bei uns, und zwar wird jeder fest umarmt und bekommt ein Küsschen auf die Wange. Also bekam ich an meinem ersten Schultag so an die 50 Begrüßungen von allen möglichen Schülern. Im Moment war ich zwar etwas überrascht, aber im Nachhinein finde ich es so süß, wie herzlich sie alle zu einer komplett Fremden waren!

Ich war das einzige blonde Mädchen an der gesamten Schule. Fas Foto zeigt meine Klasse an unserem ersten gemeinsamen Tag.
YFU Austria:

Kannst du uns von deinem schönsten Erlebnis in der Schule erzählen, etwas, das du für immer mit deinem Austauschjahr verbinden wirst?

Christina:

Schule war einfach im generellem eins der schönsten Erlebnisse. Nicht nur weil man dort die meisten Freunde hat und die meiste Zeit verbringt, aber einfach weil die Leute dort so offen und herzlich waren und man sich so richtig willkommen vorgekommen ist.

YFU Austria:

Berichte uns doch von dem Moment, an dem du gemerkt hast, dass du nun zur Schulgemeinschaft gehörst und in den Schulalltag integriert warst!

Christina:

Es klingt vielleicht etwas kitschig, aber ich habe mich schon ungefähr nach dem dritten Tag komplett integriert gefühlt. Obwohl ich eigentlich noch nichts verstanden habe, haben die Mädchen sich sofort bei mir eingehakt, mich überallhin mitgenommen und als ihre Freundin bezeichnet. Auch während der Pausen und Stunden war ich nie alleine, sondern immer von Schülern umgeben, die mir auch gleich alle Klasseninsiderwitze zu erklären versuchten. Ich meine, wie hätte man sich da nicht sofort integriert fühlen können?

YFU Austria:

Welche Schultypen gibt es in deinem Gastland? Welchen Schultyp hast du besucht? Was ist das Besondere daran? Mit welchem Schultyp in Österreich ist er am ehesten vergleichbar?

Christina:

In Chile gibt es grundsätzlich 3 Schultypen: Privat, Semiprivat und öffentliche Schulen und zwischen den drein gibt es gewaltige Unterschiede. Erstens muss man in Chile für die Schule zahlen. Da Privatschulen natürlich unheimlich teuer sind, können es sich nur die Wenigsten leisten auf so eine Schule zu gehen. Die Mehrheit geht in semiprivate Schulen, wo allerdings der Bildungsstandard wesentlich niedriger ist. Was noch anders ist im Vergleich zu Österreich ist, dass die Schule von acht morgens bis halb sechs am Abend dauert, jeden Tag mit einer Stunde Mittagspause. Und eine Schulstunde dauert 90 Minuten. Was noch verschieden ist, ist dass Chilenen die Schuljahre verkehrt zählen, es gibt also 8 Jahre Unterstufe und 4 Jahre Oberstufe, wobei alle 12 Schulstufen in einer Schule untergebracht sind. Sprich: viele Schüler auf einem Haufen!

YFU Austria:

Welche Gegenstände wurden an deiner Schule unterrichtet? Kannst du uns von Fächern berichten, die es an deiner österreichischen Schule nicht gibt?

Christina:

Schulfächer haben sie eigentlich die gleichen, eher sogar weniger Fächer als wir. Allerdings hängt das stark davon ab, welche Schule man besucht, denn auch bei den Semiprivaten gibt es große Unterschiede. Je teurer, desto mehr wird meistens geboten. An meiner Schule gab es allerdings nur die normalen Fächer wie Mathe, Englisch, Bio, Physik, Chemie, Spanisch, Philosophie, etc. Vom Unterrichtsstoff waren sie in den meisten Fächern weiter hinten als wir hier in Österreich.

YFU Austria:

Wie schwer oder leicht fiel dir die Schule generell?

Christina:

Generell war Schule trotz der Sprachbarrieren ziemlich leicht. Chilenen nehmen den Unterricht nämlich nicht wirklich ernst, dort geht es hauptsächlich darum Spaß zu haben und sich irgendwie durchzuschummeln. Deswegen habe ich zwar nicht die besten Noten gehabt, aber auf alle Fälle viel Spaß und die Tests auch geschafft.

YFU Austria:

Wie wirkten die Beziehungen zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen in deiner Gastschule auf dich? Wie hast du das Verhältnis zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen im Gegensatz zu dem in deiner Schule in Österreich erlebt?

Christina:

Da war ein riesen großer Unterschied! Lehrer und Schüler verhielten sich mehr wie Freunde. Erstens spricht man dort alle Lehrer mit Lehrer und ihrem Vornamen an und zweitens ist es dort ganz normal, dass man gewissen Lehrern Küsschen auf die Wange gab, sie oft umarmte, sich bei ihnen einhakte oder sich einfach über das private Leben unterhielt. Am Anfang ist mir das natürlich ganz schräg vorgekommen, aber wenn man dort ist, dann passt das einfach voll dazu.

YFU Austria:

Erzähl uns doch ein wenig von deiner Schulklasse!

Christina:

Meine Schulklasse war einfach wahnsinnig cool! Ich besuchte dort schon die 7. Klasse obwohl ich erst 15 war und war damit mit Abstand die Jüngste, aber den Altersunterschied hat man gar nicht bemerkt. Wir waren 35 Schüler, in einem ziemlich kleinem Raum, was oft für großes Chaos sorgte. Was aber bei weitem das verrückteste war, dass Chilenen wie schon erwähnt Schule nie so wirklich ernst nehmen. Und es war dort ganz normal, dass man sich während des Unterrichts einfach mal schnell die Haare geglättet hat, begonnen hat zu telefonieren, Musik zu hören, in großen Gruppen um einen Tisch zu sitzen und zu plaudern und manchmal auch auf dem Laptop Filme zu schauen. Klingt ziemlich verrückt, oder? Während der Pausen mussten alle in den Hof, egal ob kalt oder heiß, was eigentlich ganz lustig war, denn so lernte man Leute aus allen Klassen kennen.

YFU Austria:

Konntest du Freund*innen an deiner Schule finden? Was kannst du uns von ihnen erzählen?

Christina:

Ja, sogar ziemlich viele! :) Ich hätte vor allem nie gedacht, dass man in so kurzer Zeit so viele und wirklich gute Freunde finden kann. Da wir die meiste Zeit ja in der Schule verbracht haben, haben wir dort irgendwelchen Blödsinn gemacht. Sonst waren wir öfter einfach nur im Einkaufszentrum (aber nur so, denn die Geschäfte sind dort zu teuer), im Kino und am Wochenende meistens auf Parties.

YFU Austria:

Welche Aktivitäten wurden an deiner Schule neben dem Unterricht angeboten? Kannst du uns von einer solchen Aktivität erzählen, an der du selbst teilgenommen hast und die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Christina:

An meiner Schule wurde nur Fußball und Theater angeboten, ich habe aber an keinem der beiden teilgenommen.

YFU Austria:

Es gibt Länder, in denen man die Schule nicht mit normalen Straßenschuhen betreten darf. Kannst du uns von einer einzigartigen Regel erzählen, die es an deiner Gastschule gab?

Christina:

Wir mussten eine Harry Potter ähnliche Schuluniform tragen.
Für Mädchen: Rock, Bluse, Krawatte, Pullover und Kniesocken.
Für Burschen: Hose, Hemd, Krawatte und Pullover.
Weiters durfte man sich die Haare nicht färben und die Nägel nicht lackieren. Vor allem Burschen mussten die Haare immer kurz tragen.
Ganz speziell war auch, dass sich die ganze Schule jeden Montag im Hof aufstellen musste, Mädchen und Burschen getrennt und die National- und Schulhymne singen musste.

YFU Austria:

Welche Erfahrungen hast du speziell aus deinem Schulalltag für dein Leben mitgenommen?

Christina:

Definitiv nicht alles immer so ernst zu sehen! Vor allem, dass Schule auch Spaß machen kann und wir in Österreich froh sein können über unser gutes Bildungssystem. Obwohl ich meinen chilenischen Schulalltag oft vermisse!

YFU Austria:

Wenn dich ein*e angehende*r Austauschschüler*in fragen würde, was wäre dein wichtigster Ratschlag für das Leben als Schüler*in an deiner Schule im Gastland?

Christina:

Nicht schüchtern sein und vor allem sich nicht über den vielen Körperkontakt wundern! Einfach alles auszuprobieren und den verrückten chilenischen Schulalltag einfach zu genießen!